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„Du bist ein Glögglifrösch“! Viele Leute, die jemanden so bezeichnen, wissen nicht, dass es ein Tier gibt, das aufgrund seines glockenhellen, flötenden Rufes Glögglifrösch genannt wird. Wer hat ihn nicht schon gehört, in lauen Nächten zwischen Stauffenbach und Ochlenberg Dorf. Dabei handelt es sich um die Geburtshelferkörte, auch Steichröttli genannt. Die 3,5 – 5 cm kleine, bräunlichgraue Kröte hat eine einzigartige Lebensweise unter den einheimischen Amphibien. Sie ist der einzige einheimische Froschlurch, der sich an Land paart und die Eier nicht ins Wasser ablegt. Das Männchen wickelt sich die Laichschnüre nach der Eiablage um die Hinterbeine und betreibt in den folgenden 3 bis 6 Wochen Brutpflege. Mit den reifen Eiern begibt es sich ans Fortpflanzungsgewässer und die Larven schlüpfen im Wasser. Mit einer Länge bis zu 9 cm entwickeln sich daraus die grössten Kaulquappen unter den einheimischen Amphibienarten.

In den letzten Jahren hat die Geburtshelferkröte in der Schweiz einen bedenklichen Rückgang erlitten. Verantwortlich dafür sind vor allem der Verlust bzw. die Veränderung von Lebensräumen. Die Zerstörung von Gewässern, der Besatz mit Fischen oder Enten, aber auch die Versiegelung von Strukturen des Landlebensraumes (z. B. Mauern), die Beschattung und Verbuschung der Landlebensräume oder Bewirtschaftungsänderungen (z. B. intensivere Beweidung) können das Aussterben von Populationen bewirken. Ein Teil der Rückgänge kann aber bei heutigem Wissensstand nicht erklärt werden.

Das Emmental und der Oberaargau gehören zu den wichtigsten Verbreitungsgebieten der Geburtshelferkröte in der Schweiz. Eine grosse Verantwortung für die Erhaltung der zurückgehenden, stark gefährdeten und geschützten Art liegt bei diesen Regionen. Die ARGE Oenztal setzt im Einzugsgebiet der Önz mehrere Aufwertungsmassnahmen um, welche den Rückgangstrend der Geburtshelferkröte stoppen sollen. Dies geschieht im Rahmen eines übergeordneten Projektes von Pro Natura Bern und der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz (karch Bern), nachdem die ARGE Oenztal schon anfangs des Jahrtausends ein Projekt umgesetzt hatte.

In max. 1,5 km Entfernung zu bestehenden Populationen sollen neue fisch- und entenfreie Gewässer entstehen oder bestehende Gewässer aufgewertet werden. Angestrebt wird jeweils eine Wasserfläche von min. 50 m2. Ebenso wichtig wie das Gewässer ist für die Geburtshelferkröte der Landlebensraum. Besonnte, unverfugte Mauern, sowie weitere Stein-, Sand- und Holzstrukturen mit Hohlräumen sollen erhalten bzw. an geeigneten Standorten neu erstellt werden. Besonnte, lockererdige bzw. sandige Böschungen mit Verstecken sollen vor dem Verbuschen geschützt werden.

Die Neubesiedlung der neuen und aufgewerteten Standorte wird der Geburtshelferkröte überlassen. Die Weiher werden ohne Bepflanzungen und falls irgendwie möglich ohne Folien so natürlich wie möglich gestaltet und der Geländeform angepasst.

Im Rahmen des Projektes Aufwertungs- und Vernetzungsmassnahmen für Geburtshelferkröten im Emmental und Oberaargau konnte die ARGE Oenztal in Ochlenberg bereits einen bestehenden Standort in der Sulzmatt aufwerten. Im Kohlishaus wird uns Land für den Neubau eines Weihers zur Verfügung gestellt. In der Gemeinde Seeberg laufen Abklärungen zur Erstellung von neuen Weihern.

Um die Geburtshelferkröte längerfristig erhalten zu können, sind wir auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen. Gastgeber und Nachbarn der Geburts-helferkröten können sich von den Fachleuten der ARGE Oenztal und der karch beraten lassen. Wer einen geeigneten Standort für einen neuen Teich zur Verfügung stellen möchte darf sich gerne unverbindlich bei uns melden. Nicht finanziert werden können Weiher in Privatgärten. Beratend stehen wir bei solchen Projekten jedoch ebenfalls gerne zur Verfügung.

Kontakt ARGE Oenztal: 078 607 62 14 oder info@oenztal.ch

Quellen: Lüscher, B. 2005. Karch Bern, Merkblatt „Die Geburtshelferkröte“

Hertach, T. & Suter, B. 2003. Oenztaler Glögglifrösch – Projekt zur Förderung der Amphibien im Oenztal unter spezieller Berücksichti-gung der Geburtshelferkröten. Unveröffentlich, 26 S.

Weitere interessante Informationen finden sie auch unter www.karch.ch.

 





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